Bei der ersten Bombardierung des Bahnhofs am 22. Februar 1945 wurden auch Wohnhäuser in der heutigen Ernst-Thälmann-Straße und in der Mogkstraße zerstört. Das Gaswerk gegenüber der Einfahrt in die Mogkstraße wurde ebenfalls schwer getroffen. Auf einem der Trümmergrundstücke in der Mogkstraße erbaute Willy Schleef das Wohnhaus für seine Familie.
Das ehemalige Wohnhaus der Familie Schleef befindet sich in Privatbesitz. Es kann nicht besichtigt werden.
Das Wohnhaus in der Mogkstraße im Werk Einar Schleefs:
1949 zogen wir in unser neues Haus. Das Trümmergrundstück. Preise, Urkunden, Kränze mitgeschleppt. Der Krieg war zu Ende. Meiner fing an. Nie aufgehört. Willy tobte, zerriß mein Zeug, hörst du, ich sage die Wahrheit.
(Schleef, Einar, Gertrud, Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1980, S. 97)
Daß ich mich immer noch weigere, mein Haus abzuputzen, das Schandfleck der Straße.
(Schleef, Einar, Gertrud 2, Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1984 , S. 620)
1990
Und da stand ich wieder, nach 14 Jahren, vor unserem Haus, meine Mutter oben hinter der Gardine, ich mußte lange klingeln, da stand ich wieder, 20 Jahre bist du nicht zu Hause gewesen, unterbrach mich meine Mutter, wie du aussiehst, steck dein Hemd rein, so stehst du unten vor der Haustür, wenn das einer sieht, 20 Jahre reichen nicht, 25. Ich wollte meine Mutter unterbrechen, unterbrich mich nicht , 20 Jahre, das reicht nicht, wann bist du hiergewesen, ich habe nicht nach dir gerufen, was willst du hier, dein Bruder aus dem Westen ist dagewesen und will endlich einen Zaun machen. Einen Zaun, ich sah sie an, und sie schwitzte, wischte sich die Stirn ab, kratzte ihren Hals, so wie ich ihn kratzte, wenn ich in meiner Küche sitze und auf den Baum hinausstarre und den Himmel, und nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll. 20 Jahre, rechne mir das vor, wann du hier gewesen bist, kannst du das, bist du hier gewesen. Ich will nichts wissen. Ja. Guck dich nur um.
Ich stand vor unserem Haus, die Brennesseln reichten mir zur Brust, die Vorgartentür kaputt, der Zaun, die Haustür, die Dachrinne. Ich kann nicht mehr, schrie sie mich an, als wüßte sie, was ich dachte, ich kann nicht mehr. Das ist nicht mein Haus, das ist euer Haus, euer Haus, und keiner kümmert sich drum.
Ich bin zurückgekommen, ich stand vor unserem Haus, wie ich dann wie meine Mutter am Küchenfenster stand und in den Garten hinuntersah, der nun kein Garten mehr war, sondern voller Brennesseln und Goldrute. Die verdorrten schwarzen Kirschbäume, der zusammengebrochene Hühnerstall und der Zaun, der nicht mehr erkennbar war. Der alte Apfelbaum zerdrückte das Hühnerstalldach, so voller Äpfel hatte ich ihn nie gesehen, die Goldrute stand so dicht, daß ich mich später nicht dazwischen traute.
(Schleef, Einar, Heimkehr. Drucksache 2, Berlin 1993, S. 33 f )
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