Einar Schleef ist am 21.07.2001 in Berlin gestorben und am 15. August in Sangerhausen in der Familiengrabstätte beigesetzt worden.
Neben ihm ruhen seine Eltern:
Wilhelm (07.07.1908 – 01.05.1971) und Gertrud Schleef (18.04.1909 – 27.08.1993)
Die Grabplatte trägt als Inschrift ein Zitat aus Novalis‘ „Heinrich von Ofterdingen“:
„… und er sah nach Thüringen, welches er jetzt hinter sich ließ mit der seltsamen Ahndung hinüber, als werde er nach langen Wanderungen von der Weltgegend her, nach welcher sie jetzt reisten, in sein Vaterland zurückkommen, und als reiste er diesem eigentlich zu.“
Das Familiengrab befindet sich auf dem Friedhof Sangerhausen, Abteilung 11.
Um den Weg dorthin zu finden, orientieren Sie sich bitte auf dem Plan an der Informationstafel „Persönlichkeiten auf dem Friedhof“ des Geschichtsvereins Sangerhausen vor der Trauerhalle.
Birgit Lahann:
In deinen Wagen springe ich, Sturm. Einar Schleefs Begräbnis (Auszug)
Die Luft steht still. Die Sonne brütet. Fast 40 Grad im Schatten. Im Blumenladen am Friedhof von Sangerhausen gehen erst die weißen Rosen aus und dann die weißen Lilien. Totengrüße für Einar Schleef.
Wir gehen gleich zum Grab. Immer geradeaus und dann links. Da steht im Schatten der Scheinakazie der Sarg über der Grube. Eine Kiste aus hellem Holz. Ganz schlicht. Ganz pur. Rohmaterial. Wie Schleef das liebte. Ein alter Freund tritt ans Grab. Der katholische Geistliche Klemens Niermann aus Ibbenbühren. Er kenne Einar seit 1965, sagt er. Nein, er wolle ihn nicht in eine christliche Schublade legen, aber der Verstorbene habe ihm oft von seinem Respekt erzählt, den er vor Jesus hatte und den Propheten. Und er liest aus dem Buch Jeremia: Das Wort des Herrn erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen…
Ich denke an Schleefs Mutter. Gleich hier, neben seiner frisch ausgehobenen Grube, liegt sie. Gertrud Schleef. Und sein Vater Willy an ihrer anderen Seite. Begraben im blaugrauen Anzug mit Schlips. Vater guckten noch die Haare aus dem Sarg, erzählte er einmal, weil Mutter ihm ein Büschel abgeschnitten hatte. Für den Sohn. Als Erinnerung. Und was trägt Einar Schleef?
Er hatte über seine Mutter, diese selbstbewusste Proletarierin, einen wahnsinnigen Roman geschrieben. Hat sich in ihr Hirn eingenistet, hat ihre Gedanken als rasenden Monolog gedacht, hat alles aus ihrem Kopf herausgeschossen. Weil er wissen wollte: Wer bin ich eigentlich? Weil er sich sein Unbewusstes bewusst machen wollte. (…)
Ja, Schleef fuhr wie Sturm in die Kunst hinein, in die Literatur, in die Dramen. Fuhr jede Konvention zu Schrott, deflorierte die Bürgerlichkeit. Bis zur Schmerzgrenze wühlte er in Wörtern und zog ihre Urbedeutung ans Licht.
(In: Gerecke, Gabriele / Harald Müller / Hans-Ulrich Müller-Schwefe (Hg.), Einar Schleef. Arbeitsbuch, Verlag Theater der Zeit, Berlin 2002, S. 232 f)
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